Vom Hobby zum Aktivismus – Wenn K-Pop-Fans politisch werden

Amy, 22 Jahre

Vom Hobby zum Aktivismus – Wenn K-Pop-Fans politisch werden

Als Donald Trump am 20. Juni 2020 bei der eigentlich groß beworbenen Trump Rallye in Tulsa, Oklahoma, mit einem halbleeren Saal konfrontiert wurde, herrschte erstmal Ratlosigkeit.

Der damalige US-Präsident Donald Trump startete im Jahr 2020 seine Wahlkampagne zur erneuten Präsidentschaft, indem er in verschiedenen Städten der USA vor seinen Anhänger:innen auftrat – oft in ausverkauften Hallen. Auch in Tulsa waren die Erwartungen groß. Die kostenlosen Online-Anmeldungen über die offizielle Veranstaltungsseite des BOK-Centers zeigten eine fast ausgebuchte Halle aller 19.199 Plätze und fast eine Millionen Anmeldeversuche auf der Webseite. Als Trump dann die Veranstaltungshalle betrat, war die ganze obere Hälfte der Halle leer! Anstatt voll besetzter Ränge blickte Trump auf etwa 6.000 Teilnehmende. Für Trump wahrscheinlich ein Schock. Was war also passiert?

Ein Gemeinschaftsprojekt zwischen amerikanischen K-Pop- und TikTok-Nutzer:innen hat dieses Ereignis verursacht: Nachdem Trump im Juni mit Stolz seine Veranstaltung auf Twitter beworben hatte, schmiedeten sie einen Plan: Für die Jugendlichen war die kostenlose Online-Registrierung eine Möglichkeit zum Protest. Vor allem in der K-Pop-Community und auf TikTok werden Proteste aller Art und die Informationen darüber schnell in Umlauf gebracht. Amerikanische K-Pop-Fans und TikTok-Nutzer:innen machten aus ihrem Vorhaben kein Geheimnis. Einige luden sogar Screenshots von ihren Reservierungen auf den sozialen Plattformen hoch. Trotzdem bekam anscheinend niemand aus Trumps Umfeld Wind von dem Vorhaben. Auch Medienvertreter:innen schienen die Bewegung im Vorfeld für wenig berichtenswert gehalten zu haben. Und selbst als Donald Trump am Ende vor einer halbleeren Halle stand, wollte zunächst niemand dieses Meisterstück der K-Pop-Fans wahrhaben. Aber wie ist eigentlich der Zusammenhang zwischen Aktivismus und dieser Musikrichtung?

Weltweite Aufmerksamkeit bekam K-Pop wahrscheinlich spätestens, als 2012 der Song „Gangnam Style“ von Psy veröffentlicht wurde. Im gleichen Jahr wurde das Video zum beliebtesten Video auf Youtube und gleich darauf zum meist geschauten Video bis 2017. Doch auch mit diesem Durchbruch war die K-Pop-Szene noch nicht so verbreitet wie sie es heute ist.

Als schrill, farbenfroh und auch ein wenig merkwürdig, so werden die Musikvideos zu der Zeit beschrieben, sodass K-Pop außerhalb Südkoreas zuerst mit Skepsis betrachtet wurde. Doch genau dieses skurrile Auftreten machte K-Pop so faszinierend. K-Pop Bands wie Big Bang, Shinee und Girls Generation erfreuten sich seit ihrem Debüt (zwischen 2006 bis 2008) in Südkorea bereits großer Beliebtheit.

Unterstützungen für Black-Lives-Matter Proteste

Im selben Jahr in dem es zu Trumps Reinfall bei seiner Wahlveranstaltung kam, traten K-Pop-Fans mit einer weiteren Aktion in Erscheinung. Sie verhinderten, dass Beiträge gegen die Black-Lives-Matter-Bewegung große Sichtbarkeit bekamen, indem sie die Hashtags der Protestler:innen nutzten, um massenhaft Tanzvideos von ihren Idolen zu posten (Fan-Cams).

Zusätzlich spendete die Band BTS zusammen mit ihren Fans zwei Millionen Dollar an die Black Lives Matter Bewegung. Die Band selbst hatte angekündigt, eine Million Dollar zu spenden. Die Fans haben online gesammelt und den Betrag verdoppelt. BTS und ihre Fans (auch ARMYS genannt) sind einer der größeren Unterstützer:innen, wenn es um Initiativen für einen guten Zweck geht.

Ein interessantes Phänomen ist, dass die Idole selbst gar nicht so politisch unterwegs sind. Die politischen Aktionen gehen meist von den Fans selbst aus. In Japan, China und Südkorea, den Ursprungsländern des K-Pop, ist die Meinungsfreiheit stark eingeschränkt. Sich hier als Musiker:in öffentlich zu bestimmten Themen zu äußern, kann gefährlich werden. Deshalb hat das Management der K-Pop-Idole ein strenges Auge darauf, wie sich die Künstler:innen öffentlich zeigen und wozu sie Position beziehen. Umso meinungsstärker sind dafür die umtriebigen Fans.

Warum K-Pop-Fans Profis im politischen Aktivismus sind

Wie kommt es nun also, dass sich die Aktionen unter den Fans so schnell verbreiten und Proteste unter K-Pop-Anhänger:innen Unterstützung finden? Laut der Kommunikationsforscherin der University of Southern California, Hye Jin Lee, gibt es starke Überschneidungen zwischen jungen aktivistischen Gruppen und den K-Pop-Communities. Aus ihrer Sicht ist es nicht überraschend, wenn K-Pop-Fans gegen Rassismus, Sexismus und Imperialismus, also dem Machtbestreben von Staaten, kämpfen. Die Gruppen sind sehr international. Sie sind multikulturell, multiethnisch und generationsübergreifend. Damit stehen sie auch für eine Offenheit gegenüber kulturellen Unterschieden und progressiven, also fortschrittlichen Werten. Und noch ein wichtiger Faktor sorgt dafür, dass K-Pop als Subkultur, also als Teil eines großen Ganzen, öfter mal in Erscheinung tritt: Die Fans wissen ihre sozialen Netzwerke zu nutzen. Als Community tun sich auch Fangruppen verschiedener Bands zusammen und spinnen so ein weltweites Netz. So können sich wichtige Themen innerhalb der Fangemeinde rasch ausbreiten.

K-Pop-Idol werden?

Quelle: Allan Mas/Pexels

Ein K-Pop-Idol zu werden, ist für viele ein Traum. Viele sogenannte Trainees, die alles geben, um Idole zu werden, müssen sich einem strengen Plan unterziehen. Was heißt das für die Trainees?

Quelle: Josh Sorenson/Pexels

Trainees müssen ein gewisses Niveau im Bereich Tanz und Gesang erreichen, bevor sie in Erwägung gezogen werden.

Quelle: ANTONI SHKRABA production/Pexels

Skandale sind nicht erwünscht und es gelten auch harte Kriterien bezüglich des Aussehens. Schönheitskosmetische Eingriffe sind verbreitet.

Quelle: Lara Jameson/Pexels

Mehrsprachigkeit ist Pflicht. Aufgrund der internationalen Beliebtheit müssen die Stars Interviews auf Englisch und Japanisch geben können.

Quelle: Martin Lopez/Pexels

Auch Musikvideos werden immer öfter im Ausland gedreht (z.B. wurde Super Shy von New Jeans in Lissabon, Portugal gedreht).

Quelle: Pixabay/Pexels

Weltweit suchen die Produktionsfirmen inzwischen nach neuen Trainees, beispielsweise über Youtube.

◀︎


How millions of K-pop fans became an internet army of social activists (25.06.2020). SBS News. URL: https://www.sbs.com.au/news/article/how-millions-of-k-pop-fans-became-an-internet-army-of-social-activists/6s8o0e6bu

Braun, Stuart. (04.07.2020). Politische K-Pop-Fans, unpolitische Stars. Deutsche Welle. URL: https://www.dw.com/de/k-pop-fans-werden-politisch-ihre-stars-nicht/a-54048516

Why Obsessive K-Pop Fans Are Turning Toward Political Activism (06.09.2021). The New York times. URL: https://www.nytimes.com/2020/06/22/arts/music/k-pop-fans-trump-politics.html

How K-Pop Fans Actually Work as a Force for Political Activism in 2020. Time. URL: https://time.com/5866955/k-pop-political/

The Guardian view on Korean soft power: harder than it looks. The Guardian. URL: https://www.theguardian.com/commentisfree/2022/oct/28/the-guardian-view-on-korean-soft-power-harder-than-it-looks

Von wegen verrückt – Wenn sich K-Pop Fans organisieren. Kopfzeile Studierendenmagazin. URL: https://kopfzeilemagazin.com/2022/10/11/von-wegen-verruckt-wenn-sich-k-pop-fans-organisieren/

K-Pop: Erfolgswelle auch in Deutschland. Deutsche Welle. URL: https://www.dw.com/de/k-pop-erfolg-deutschland/a-62765237

Wenn Social Media ein Kunstwerk wär. Zeit Online. URL: https://www.zeit.de/kultur/2022-09/k-pop-koreanische-welle-hallyu?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

Kpop idol – Life and career of the Korean music artists. (2023, 30. Januar). 90 Day Korean. URL: https://www.90daykorean.com/kpop-idol