Was soll man machen, man kann ja eh nichts ändern! Was der normale Bürger so denkt, interessiert ja keinen von denen da oben. Uns fragt ja keiner! Die Sätze kommen Euch bekannt vor? Wir haben uns in diesem Video mal damit beschäftigt wie man als „kleiner Bürger“ selber was ändern kann an der „großen Politik“.

Brauchen wir mehr Volksentscheide?

Haben Volksentscheide mehr Vorteile oder mehr Nachteile?

Prof. Decker: Entscheidend für diese Frage ist, wer den Volksentscheid auslöst. Verfahren, die von der Regierung ausgelöst werden, weisen in der Regel Vorteile auf. Ein Beispiel ist die Hamburger Entscheidung über die Olympiabewerbung – das war ein Entscheid, der vom Parlament angesetzt worden ist, nicht von den Bürgern erzwungen wurde.

Bei Volksentscheiden, die von unten ausgelöst werden, bin ich eher skeptisch. Denn in der Tendenz sind sie immer „gegen“ irgendetwas und damit nicht konstruktiv. Außerdem wird den Bürgern ein Versprechen gemacht, das am Ende vielleicht nicht eingehalten werden kann. Unter dem Strich kann das sogar zu mehr Unzufriedenheit und Politikverdrossenheit führen.

Nehmen wir ein Beispiel: Derzeit gibt es in Berlin ein Volksbegehren für den Weiterbetrieb des Flughafens Tegel. Mit dem neuen Flughafen BER sollte dieser geschlossen werden. Rechtlich ist das sehr problematisch. Denn wenn die Bürger entscheiden, dass der Flughafen Tegel weiterbetrieben werden soll, muss diese Frage weiter an die Gerichte. Wenn nun die Gerichte entscheiden, dass der Weiterbetrieb von Tegel nicht zulässig ist, dann fühlen sich die Bürger verschaukelt. Man wird der Regierung den Vorwurf machen, den Volkswillen zu missachten. Am Ende ist dann nicht nur die direkte Demokratie beschädigt, sondern auch die parlamentarische Demokratie.

Aber viele sehen in Volksentscheiden eine sinnvolle Ergänzung bzw. Stärkung der Demokratie.

Prof. Decker: Was heißt denn „Stärkung der Demokratie“? Kann durch Volksentscheide besser regiert werden? Wären die Bürger zufriedener? Man müsste das politische System in der Bundesrepublik stark verändern, um es für Volksentscheide zu öffnen.

Wo liegen die Unterschiede zwischen der Demokratie in der Bundesrepublik und dem Schweizer Modell?

Prof. Decker: In der Schweiz gibt es eine Allparteienregierung. Die Regierung ist immer die gleiche, es gibt keinen Wechsel wie bei uns. Die Opposition wird daher direkt vom Volk ausgeübt.

Unser Demokratiemodell beruht dagegen auf dem Wettbewerb zwischen den Parteien, die sich im Idealfall ablösen. In dieser Wettbewerbsdemokratie würde ein zusätzliches Oppositionsrecht des Volkes immer von der jeweiligen Oppositionspartei genutzt werden, um der Regierungspartei Steine in den Weg zu legen.

Zum Beispiel war in Thüringen die CDU immer gegen Volksentscheide, solange sie in Regierungsverantwortung war. Jetzt – als Oppositionspartei – sieht sie plötzlich die Vorteile. Umgedreht waren Linke, SPD und die Grünen immer für die Ausweitung der direkten Demokratie. Als Regierungsparteien jedoch wendet sich dieses Instrument plötzlich gegen sie – und sie würden die direkte Demokratie gern einschränken. Das zeigt das die ganze Verlogenheit in dieser Diskussion: Keiner ist bereit zuzugeben, dass Volksentscheide nicht wirklich in unsere Demokratie passen.

Gibt es Themen, bei denen Sie Volksentscheide für sinnvoll halten?

Prof. Decker: Man sollte diese Möglichkeit eröffnen bei Themen, die von den Bürgern als besonders wichtig empfunden werden. Zum Beispiel wurden in den 70er Jahren in einigen europäischen Ländern Volksabstimmungen zur Nutzung der Kernenergie gemacht. Das ist eine so wichtige Frage, die starke Emotionen auslöst, dass eben nicht nur die Parlamente entscheiden sollten.

Welche Themen würden Sie von Volksentscheiden absolut ausschließen?

Prof. Decker: Die Grundrechte können nicht per Volksentscheid geändert werden. Außerdem ist alles, was mit Finanzen zu tun hat, der Volksgesetzgebung entzogen.
Auf der Länderebene besteht ein Großteil der Gesetzgebung darin, Bundesgesetze verwaltungsmäßig umzusetzen. Auch das darf vom Volk nicht nachträglich torpediert werden.

5 Gründe, warum du dich einmischen solltest

  1. Gestalte den Ort, an dem du lebst! Politik ist nicht nur das, was im Bundestag geschieht. Der zentrale Ort für die politische Teilhabe ist der Ort, wo du lebst!
  2. Übernimm Verantwortung! Wenn du selbst nichts tust, tun es andere. Dann musst du aber auch mit deren Entscheidungen leben – egal, ob sie dir gefallen oder nicht.
  3. Nutze deine Freiheitsrechte! Im Grundgesetz ist festgeschrieben, dass sich jeder politisch betätigen darf. Das demokratische Wahlrecht und das Recht auf freie Meinungsäußerung wurden lange erkämpft und sind weltweit gesehen ein echtes Luxusgut. Diese Freiräume nicht zu nutzen heißt, auf seine Freiheit zu verzichten.
  4. Halte die Demokratie am Leben! Möchtest du einem König, Kaiser, Diktator das Regieren überlassen? Das könnte konkret heißen: Staatswillkür und keine Meinungsfreiheit. In totalitären Systemen kann man die Regierung nicht wählen – oder abwählen!
  5. Weil es Spaß macht! Bei politischen Aktionen kannst du spannende und wichtige Leute kennen lernen, erfährst neue Dinge und sammelst Erfahrungen.

Lobbyisten wie du und ich

Sachsens Schüler der Oberstufe haben es künftig leichter: Ab dem Schuljahr 2017/2018 müssen sie weniger Noten als bisher in die Abitur-Endnote einbringen. In anderen Bundesländern ist dies schon lange der Fall. Sachsens Schüler sind nun nicht mehr im Nachteil. Der Landesschülerrat, die oberste Schülervertretung im Land, begrüßte zwar die Maßnahme des zuständigen Kultusministeriums. Er forderte jedoch, dass die Regelung auch für Schüler gilt, welche die Oberstufe bereits besuchen – und startete eine Online-Petition!

Ein Musterfall

Ein Musterfall für Lobbyismus! Denn nichts anderes bedeutet dieses Wort: Eine Interessengruppe, auch Lobby genannt, schließt sich zusammen und setzt sich in der Politik für bestimmte Themen ein. Dabei kann es sich einerseits um eine langfristige Gruppe handeln, die sich dauerhaft Gedanken um bestimmte Themen macht und sich einmischt. Neben dem Landesschülerrat sind das zum Beispiel Umweltverbände, die sich für eine sauberere Atmosphäre einsetzen, oder Gewerkschaften, die Arbeitnehmerrechte stärken wollen. Neben diesen dauerhaften Zusammenschlüssen gibt es außerdem Bürgerinitiativen: Sie gründen sich, um ein bestimmtes Thema durchzusetzen. So gab es beispielsweise die „Bürgerinitiative gegen Müllverbrennung in Chemnitz“. Die Gruppe protestierte mit einer Petition erfolgreich gegen den Bau einer Anlage in einem naheliegenden Wald – und löste sich danach auf.

Bürger können etwas schaffen

Bürger, die sich zusammenschließen, können also durchaus etwas erreichen. Lobbyismus kann aber auch zum Problem werden. „Einzelne Interessen sind im Lobbyismus oft überrepräsentiert“, sagt Timo Lange, Mitarbeiter bei der Organisation LobbyControl. Dies passiere dann oft zulasten der Steuerzahler oder der Umwelt. Grundsätzlich ist Lobbyismus für ihn nichts Falsches. „Die Vertretung von Interessen gegenüber der Politik ist in einer Demokratie sinnvoll und wichtig. Dafür bräuchte es aber faire Regeln – und die gibt es nicht“, so Lange.

Für den Lobbyismus-Experten sollte klar sein, welche Interessengruppen in welche Prozesse der Gesetzgebung involviert waren. „In Berlin gibt es richtige Lobby-Agenturen, die die Interessen ihrer Auftraggeber in der Politik vertreten. Und für diese Agenturen gibt es keine Regeln. Sie müssen weder offenlegen, wer sie beauftragt hat, noch wie viel Geld sie dafür bekommen haben“, so Lange.

Lobbyismus ist nicht grundsätzlich schlecht

Dies führt dann dazu, dass finanzstärkere Lobby-Gruppen in der Politik oft auch mehr zu sagen haben. „Aber nur, weil diese Gruppen mehr Geld haben oder einfach lauter sind, sind sie ja nicht automatisch wichtiger“, resümiert Lange. Von Regeln und mehr Transparenz erhofft sich LobbyControl, dass verschiedene Interessengruppen ausgewogener an politischen Entscheidungsprozessen beteiligt werden.

Als Fazit steht also, dass Lobbyismus grundsätzlich nichts Schlechtes ist. Bürger können so ihre Interessen durchsetzen. Ein Problem entsteht, wenn bestimmte Gruppen bevorzugt und andere vernachlässigt werden. Der Landesschülerrat jedenfalls war mit seiner Lobby-Arbeit erfolgreich. Noch am gleichen Abend unterzeichnetenüber 5.000 Menschen die Online-Petition. Am Tag darauf verkündete das Kultusministerium, dass die Neuregelung – wie vom Landesschülerrat gefordert – auch für alle aktuellen Abiturienten gelten würde.